Berlin – Jazzhauptstadt Europas
Potentiale, Probleme und Lösungen
Die freie Berliner Jazz- und Improvisations-Szene leistet seit Jahren einen herausragenden aktiven Beitrag zur Lebendigkeit und Attraktivität der Stadt. Die Arbeitsbedingungen und Einkommenssituation der hier aktiven Musiker stehen allerdings immer noch in einem krassen Missverhältnis zur nationalen und internationalen Bedeutung der Szene. Die Wichtigkeit ihres künstlerischen Beitrags kann gleichzeitig nicht überschätzt werden und wird durch die vielen, an Individuen und Ensembles verliehenen Preise deutlich.
Die Jazzmusik in der Hauptstadt hat sich längst emanzipiert von alten Begriffen wie Unterhaltungsmusik oder Populärmusik. Sie ist zum Impuls- und Ideengeber geworden, zum Labor, in dem hochqualifizierte und ausgebildete Musiker Forschung betreiben, deren Ergebnisse, sei es in Form von musikalischen Ideen oder Persönlichkeiten, oft genug auch in kommerziellen Projekten ihre Verwertung finden. Dieser Aspekt der Klangforschung, der gegenseitigen Befruchtung verschiedener Szenen und ihrer künstlerischer Arbeit ist es, was die Attraktivität der Szene und ihre große Bedeutung für die künstlerische Entwicklung und das Potential der Stadt Berlin ausmacht.
Die seit Jahren sinkenden finanziellen Mittel der Förderung seitens des Berliner Senats reichen für eine nachhaltige Entwicklung der Szene nicht mehr aus. Die bestehende Förderstruktur mit ihren zum großen Teil mit Künstlern und Fachjournalisten besetzten Fachjurys garantiert derzeit noch eine weitgehend sinnvolle Verteilung der Mittel. Diese werden nach künstlerischen Gesichtspunkten und Kriterien vergeben. Der Großteil der Gelder wird für die Durchführung von Projekten verwandt und kommt am Ende direkt Künstlern zugute. Jazz muss jedoch auch in Zukunft einen von der sogenannten Populärmusik losgelösten Status erhalten und als solcher, nach künstlerischen Gesichtspunkten anstatt kommerzieller, seine eigenen Förderstrategien weiterführen dürfen. Eine eigenständige, nicht auf kommerzielle Richtlinien ausgerichtete Förder- und Verwaltungsstruktur ist für die Berliner Jazzszene essentiell, da für diese Szene die marktwirtschaftlichen Regeln kommerziell tätiger (Kultur)Unternehmen nicht gelten können und dürfen. Die Jazzförderung muss eine Kunstförderung bleiben und darf keinesfalls in Richtung einer Kulturwirtschaftsförderung umgewidmet werden.
Um diese Grundsätze auch im Zuge der Bestrebungen zum Aufbau eines Music Board in Berlin weiterhin gewährleisten zu können, haben sich die Protagonisten der Berliner Jazzszene zur Vereinigung IG Jazz Berlin e.V. zusammengeschlossen.
Positionspapier der IG Jazz Berlin zu den aktuellen Bestrebungen des Aufbaus eines einheitlichen Music Boards
Eine ausführliche Bestandsanalyse sowie die Forderungspunkte der Vereinigung sind in diesem Positionspapier zusammengefasst.
> Positionspapier IG Jazz Berlin (PDF)
> Anlage 1: Aufstellung. Berliner Preisträger und Teilnehmer German Jazz Meeting
> Anlage 2: Jazz-Szene im Aufbruch, W. Kampmann, Goethe-Institut (2010)
zur weiteren Information: – Prekäre Antragskunst im urbanen Überfluss, C. Broecking, Jazzthing 89 (2011)